Interview – Gülen: Wir werden unser Modell der sozialen Harmonie verteidigen!

„Wir werden unser Modell der sozialen Harmonie verteidigen!“

 

Fethullah Gülen spricht über seine Vorstellung von Demokratie, die Rechte der Kurden, die Rolle der Frau und über den türkischen Präsidenten Erdogan, der sich selbst der Hauptfeind sei.

Fethullah Gülen hat mit seinen Schriften weltweit hunderttausende Menschen inspiriert. Ihr Engagement für Bildung und Dialog ist über Jahrzehnte zur transnationalen Bewegung „Hizmet“ geworden. Der türkische Präsident Erdogan hat den islamischen Gelehrten zum Staatsfeind erklärt und versucht durch staatliche Repressionen, alles zu zerschlagen, was in seinem Geist entstanden ist: Schulen, Krankenhäuser, Unternehmen, Medien.

Jetzt gab der 78-Jährige, der seit über zwanzig Jahren im selbstgewählten Exil in Pennsylvania/USA lebt, nach langer Zeit wieder eines seiner seltenen öffentlichen Interviews. Im Gespräch mit Alain Jourdain für „Die Welt“ und die französischsprachige Schweizer Sonntagszeitung "Le Matin Dimanche" korrigiert er als allererstes die verbreitete Legende, Erdogan und er seien Verbündete gewesen: „Die Hizmet-Bewegung hat nie eine enge Beziehung zu ihm gehabt. Erdogan schien unsere Vorstellungen von Demokratie zu teilen. Das ist alles. Er kämpfte für dieselben Dinge. Aber als er einmal an der Macht war, zeigte er ein völlig anderes Gesicht. Wir konnten das nicht unterstützen.“

Als Beleg für die politische Distanz zum türkischen Despoten bringt er zahlreiche Beispiele: Als erstes den – auch von Kemalisten gepflegten – türkischen Nationalismus: „Wir verteidigen das Recht der kurdischen Bürger, ihre Sprache zusammen mit der türkischen Sprache zu benutzen.“ Er kritisiert Erdogans Einflussnahme im Syrien-Krieg und in Libyen: „An seinen Händen klebt eine Menge Blut.“ Erdogans angedrohter Nato-Austritt und die Nähe zu Russland und Asien seien nur „ein Bluff“, um den Westen zu erpressen.

Gülen äußert sich im Interview auch zu seiner Sicht über die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Anders als Erdogan halte er das patriarchalische Modell für einen Rückschritt gegenüber der Geschichte der Anfänge des Islam: „Frauen müssen überall ihren Platz in der Gesellschaft finden können. Wenn eine Frau Richterin oder Pilotin werden will, sollte nichts sie aufhalten.“

In Richtung seiner Anhänger zeigte er Optimismus: Hizmet sei „eine sehr kleine Bewegung, aber wir werden weiterhin unser Modell der sozialen Harmonie, des gegenseitigen Respekts, der Toleranz und der Vielfalt verteidigen.“ Das Humanitäre sei ihre primäre Berufung. 

Die Bewegung werde immer für eine Annäherung der Türkei an die Europäische Union kämpfen. Gülen plädiert für „einen stärker dezentralisierten Staat“und rät, sich an der US-Verfassung zu orientieren, die den Bürgern große Freiheiten gewähre. 

Erdogan dagegen prophezeit er kein gutes Ende: „Alle narzisstischen Tyrannen wie Hitler oder Stalin nehmen ein schlechtes Ende. Ihre Herrschaft endet immer im Zorn. Er wird dasselbe Schicksal erleiden.“

Das Interview ist in voller Länge auf Deutsch in DIE WELT nachzulesen:
https://www.welt.de/politik/ausland/plus205361127/Tuerkei-Erdogan-wird-enden-wie-Hitler-oder-Stalin.html  
 
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