Struktur

Die Hizmet-Struktur in Deutschland

 

Hizmet-Anfänge in Deutschland

Nach Deutschland gelangte die Hizmet-Idee in den 1980er Jahren. Die ersten, die kamen, waren Menschen, die sich in der Türkei aktiv bei Hizmet engagierten. Sie brachten einerseits die Werte und Ideen von Hizmet nach Deutschland, andererseits aber auch die bisherige Arbeitsweise und Organisationsform. Warum sollte man das Rad neu erfinden?

Hierbei wurde außer Acht gelassen, dass der kulturelle Kontext in Deutschland ein ganz anderer war als in der Türkei: Während hierzulande eine gefestigte Demokratie mit funktionierender Gewaltenteilung für eine transparente und offene Gesellschaft sorgte, lebte man in der kemalistischen Türkei in vielerlei Hinsicht in vordemokratischer Unsicherheit. Der letzte Putsch lag nur wenige Jahre zurück, bei dem eine kleine Militärelite die vom Volk gewählte Regierung durch eine andere ersetzte. Staatliche und institutionelle Repressionen bedeuteten für Regimekritiker eine ernsthafte Gefahr für Leib und Seele. Wer nicht der herrschenden Ideologie entsprach, musste um seine Freiheit oder gar Existenz fürchten.

Galten in Deutschland Presse-, Meinungs- und Religionsfreiheit als selbstverständliche Rechte, so lebten und wirkten in der Türkei seit vielen Jahrzehnten Menschen egal welchen Glaubens und ethnische Minderheiten lieber im Verborgenen. Nach türkischem Muster entstand die deutsche Hizmet als ein informelles Netzwerk ohne Vereins- und Verbandsstruktur – quasi „unsichtbar“. Die türkeistämmige Community wurde von der deutschstämmigen Mehrheitsgesellschaft ohnehin nur am Rande wahrgenommen. Man blieb „unter sich“ und da war klar, wer was warum machte. Es gab keine Notwendigkeit für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, für Organigramme und formale Rechtsformen.

Rasanter Aufschwung seit 1990

Im Lauf der Jahre entwickelte die sogenannte „zweite und dritte Generation“ türkischer Migranten, die in der deutschen Vereins- Verbandskultur aufgewachsen waren, jedoch verstärkt das Bedürfnis, das eigene Engagement in der üblichen deutschen Form zu organisieren. Nachhilfegruppen, die sich vorher im privaten Kontext getroffen hatten, wurden ab Mitte der 1990er Jahre in lokal organisierten Vereinen gebündelt.  Binnen weniger Jahre entstanden Dialogvereine, Unternehmervereine sowie Akademikervereine. Frauen gründeten eigene Vereine.  Es wurden Kulturzentren und bald auch erste Schulen gegründet. Hizmet Deutschland erlebte einen rasanten Aufschwung. Zeitweise gab es mehr als 300 Vereine unterschiedlichster Art überall in Deutschland – ihr gemeinsamer Nenner: einen Beitrag für die Gesellschaft leisten.

Aktuelle Bottom-up-Struktur

Schnell wurde das wachsende Potential für neue Aktivitäten sichtbar: Um Erfahrungen auszutauschen und wechselseitig von Best-Practice-Modellen zu profitieren, schlossen sich einzelne Vereine in Dachverbänden zusammen. 2006 wurde beispielsweise der Verband Academy e.V. gegründet, in dem sich Nachhilfevereine über erfolgreiche Methoden im Nachhilfesektor austauschten und gemeinsam nach professionellen Lösungen zu aktuellen Bildungsherausforderung suchten.

Ähnlich gingen lokale Unternehmervereine: 2009 schlossen sich acht einzelne Verbände zum Bundesverband der Unternehmervereinigungen (BUV) e.V. zusammen. Mittlerweile sind insgesamt 20 Vereine im BUV organisiert.

Die seit 2001 entstandenen Dialogvereine schlossen sich in der Initiative Bund Deutscher Dialoginstitutionen (BDDI) zusammen. Mittlerweile zählt der Verband 15 Mitgliedsvereine und koordiniert überregionale Projekte wie die Verleihung des „Deutschen Dialogpreises“. Der BDDI organisiert darüberhinaus wichtige Kommunikationsplattformen wie die Dialogakademien.

In den letzten Jahren entwickelt sich allmählich eine vertikale Struktur mit Fachverbänden, aus der heraus die Verbandsvertreter professionell arbeiten und das ehrenamtliche Engagement transparent koordinieren wollen. Eine horizontale Vernetzung besteht bereits in drei Landesverbänden, die themenübergreifend alle Hizmet-Vereine in ihrem jeweiligen Bundesland abbilden (NRW, BaWü, Berlin). In drei weiteren Regionen (Hessen, Bayern, Nord) bestehen zwar noch keine eingetragenen Verbände, jedoch treffen sich die einzelnen Akteure dort bereits in Landesinitiativen.

Alle Verantwortlichen der drei Landesverbände und der drei Landesinitiativen sowie die Vorsitzenden der Plattformen und der Vereinsverbände treffen sich in der Arbeitsgruppe Hizmet Deutschland. Auch hier steht der wechselseitige Austausch an Wissen und Erfahrungen im Mittelpunkt.

Koordinator der Arbeitsgruppe Hizmet Deutschland

Die Arbeitsgruppe Hizmet Deutschland wird vom stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der Stiftung Dialog und Bildung, Hüseyin Karakuş, organisiert. Als Koordinator ermöglicht er den Informationsaustausch zwischen den unterschiedlichen Engagementfeldern. Oft werden unter seiner Federführung neue, innovative Projekte angeregt bzw. gefördert.

Die historisch gewachsenen Hizmet-Aktivitäten in Deutschland gedeihen in Strukturen, wie man sie aus vielen anderen Bereichen der Zivilgesellschaft kennt. Sie zeigen sich vor allem auf der Ebene der individuellen Akteure: bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den staatlich anerkannten Bildungseinrichtungen sowie bei den vielen freiwillig Engagierten in den Dialog-, Frauen und Unternehmervereinen.

Bund Deutscher Dıalog Instıtutıonen

Die Platform „Bund Deutscher Dialog Institutionen“ setzt sich aus den 15 lokalen Dialogvereinen in ganz Deutschland zusammen.

Time To Help

Time to Help ist ein karitativ arbeitender Verein, der seit 2006 bedürftigen Menschen sowohl in Deutschland, als auch in anderen Ländern dieser Welt hilft.

BUV e.V.

Der Bundesverband der Unternehmervereinigungen verbindet als Dachorganisation insgesamt 20 Unternehmervereine mit über 2000 Mitgliedern in ganz Deutschland.

Academy Bildungsberatung

Academy e.V. unterstützt Nachhilfe- und Bildungsvereine mit Lehr- und Lernmaterialien, Fortbildungsangeboten sowie Vorträgen und Seminaren.

Main Donau Verlag

Der 2012 gegründete Main-Donau Verlag gibt neben vielen Werken von türkeistämmigen AutorInnen die vierteljährliche Zeitschrift
“die Fontäne” heraus.

Stiftung DuB

Die Stiftung Dialog und Bildung ist der Ansprechpartner für Hizmet in Deutschland. Die Stiftung informiert über und fördert das Engagment der Menschen in Hizmet.

SCHULEN

In der Arbeitsgruppe "Schulen" tauschen sich SchulleiterInnen und SchulkoordinatorInnen/ GeschäftsführerInnen aus. Es werden über Erfahrungen und Konzepte diskutiert sowie Projektideen vorgestellt.

Jugendgruppen

Unterschiedliche Arbeitskreise befassen sich mit "Jugendgruppen". Schulen, Nachhilfezentren, Dialogvereine, Kulturzentren organisieren ihre Jugendarbeit selbst und organisieren eigene Arbeitsgruppen für den Austausch von Infos.

Kulturzentren

Die Kulturzentren in Deutschland decken mit ihren Angeboten religiöse und kulturelle Bedürfnisse der Menschen vor Ort ab. In der Zukunft wird ihre Zusammenarbeit erforderlich, um Lösungen für gesellschaftliche Probleme anbieten zu können.

Flüchtlingsinitiativen

Mit der unerbittlichen Hexenjagd in der Türkei mussten viele Menschen flüchten. In den neu entstandenen Flüchtlingsinitiativen organiseren sich die oft hochqualifizierten Menschen und tauschen ihre Erfahrungen aus, um schnelle Selbsthilfe zu ermöglichen.

HESSEN

In Hessen und Umgebung vernetzen sich die Menschen aus Hizmet in lokalen Initiativen, um Synergien zu bilden und den zivilgesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.  Dies geschieht durch Bildungs-, Kultur- und Dialogprojekte.

BAYERN

Seit mehr als 20 Jahren engagieren sich Menschen aus Hizmet mit unterschiedlichen Initiativen und Institutionen in Bayern. Durch Dialog, Bildungsarbeit und Kulturprojekten haben sie sich in der lokalen Zivilgesellschaft verwurzelt.

VGE BERLIN

Im „Verband für gesellschaftliches Engagement“  sind überwiegend Hizmet-nahe Institutionen in Berlin, Brandenburg und Mitteldeutschland organisiert. Der VGE e.V. möchte einen Beitrag für die Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagement leisten.

VEZ-NRW

Der “Verband engagierte Zivilgesellschaft in NRW e.V.” wurde von Menschen in Hizmet gegründet und möchte für Vereine in Nordrhein-Westfalen, die sich in den Bereichen Kultur, Bildung und Soziales engagieren Netzwerkmöglichkeiten bieten. 

LBE-BW

Der "Landesverband für bürgerschaftliches Engagement e.V." ist ein Zusammenschluss von Vereinen und Akteuren aus Baden-Württemberg. Insbesondere die Menschen in Hizmet verstehen unter bürgerschaftlichem Engagement eine gelebte Form der Nächstenliebe.

NORD-DEUTSCHLAND

Hizmet-nahe Vereine und Institutionen kommen in Norddeutschland in Initiativen zusammen und sind im Aufbau eines Dachverbands. Mit einer Verbandsstruktur können Netzwerkarbeit und Förderung von lokalen Projekten besser gewährleistet werden.